Von wegen Ammer – wir fahren die Loisach!

 

Text Leoko, Bilder Hannah, Thommy und ChristianP1060165 (Large)

 

„Ich muss das Paddeln schon sehr lieben, wenn ich mir das hier antue!“

Es ist 5.10 Uhr. Ein Glück für das erbärmliche Leben meines Weckers, dass er in meinem Handy steckt. Ein Vorteil hat das frühe Aufstehen allerdings: auch als unpünktliche Person hat man die Chance noch rechtzeitig zu kommen.

Mit einer verkraftbaren Verspätung von nur einer Minute sitzen sieben im roten Bus. Und nach einer D-Tour über Reutlingen und Bad Urach versinkt nun eine Reihe nach der Anderen in leisem Schnarchen. Immer wieder wird dieses allerdings von ständigen Pinkelpausen unterbrochen (Leute! Was sauft ihr da am Steuer bloss alles?!)

Einen ersten Eindruck der Region erhalte ich durch einen Stopp am Dom an der Loisach. Ein Glück dass wir die nicht fahren werden!

Welch Irrtum…!IMG-20160615-WA0009

Von der Aufregung der bevorstehenden Ankunft wieder halbwegs wach geht es weiter ins Kawendel hinein. Bis ich schließlich Österreichisches Netz habe: wir sind da.

Was folgt ist das wohl schnellste Abladen in der Geschichte des PFT. Ob das wohl auch mit den Meistern des Timings geklappt hätte, bleibt zu bezweifeln. Denn wir sitzen nach 20 Minuten alle in Paddelklamotten im mit Booten vollgepackten Shuttle zum Einstieg der Oberen Isar. Den Affenzahn, den der Shuttle in den noch so engsten Kurven hinlegt, lässt mich daran zweifeln, ob das hier nicht vielleicht die aufregendste Fahrt des Tages sein würde. Doch man soll den Tag Nicht vor dem Abend loben/ verteufeln. Als ich schließlich mit zitternden Knien den Shuttle verlasse fängt es zu tröpfeln an. Fast schneller als wir aufgeladen haben, liegen die Boote endlich am Wasser und zielssicher wie ich bin lade ich mein Boot direkt im Kuhfladen ab. Bravo! Das kann ja nur ein guter Tag werden!

Nach einer kurzen Flussbeschreibung und der Gruppeneinteilung stürzen wir uns in die 20cm hohen Fluten des reißenden Gebirgsbaches. Mein Boot (sorry Ute…) wird mir nie meine Bekanntschaften mit den Flusskieseln verzeihen. Auch unsere zuvor so akribisch geplante Reihenfolge geht aufgrund mangelnder Kehrwasser bald flöten.

Der Regen wird nun bald als wärmende Wohltat empfunden. Die Isar scheint nur knapp über dem Gefrierpunkt zu sein.

So wird das Rollen nicht nur aus Gründen der Felsen sondern auch aus Temperaturgründen vermieden. Denn der zwar recht schnelle aber übersichtliche Fluss führt schließlich in eine Schlucht mit schwindelerregend hohen Felswänden zu beiden Seiten. Hier lässt sich der artgerechte Umgang mit Prallwänden prächtig erlernen.

Schließlicht treiben wir in Richtung Ausstieg wobei manch ein Teil der Gruppe Probleme hat eben diesen zu finden. Während ich erst das Rauschen des Wehrs hören muss um schleunigst den Fluss zu verlassen tragen die meisten anderen ihr Boot die letzten paar Meter um eine unfreiwillige Abfahrt zu vermeiden.

Lange wird diskutiert, was anschließend noch gefahren werden soll. Die Ausfahrt war mit obere Isar, Rissbach oder Ammer ausgeschrieben. Die Wahl fällt auf die Loisach. Mir kommt der Dom vor Augen. Verflucht! Jetzt will ich hier aber auch mit!

Um die Stimmung etwas aufzulockern zeigt Jan seine vorbildlichen Stützkünste auf dem kleinen Teich, der sich durch den Regen auf dem Parkplatz gebildet hat. Eine gute Vorbereitung auf die Loisach!IMG-20160615-WA0016

Der Teil der Truppe, die es lieber langsam angehen möchte fährt noch den Isarabschnitt vom Parkplatz zum Campingplatz. Wir machen uns derweil (mit kurzem Ausladestopp am Campingplatz) auf zur Loisach.

H9O13NO3  Jegliche eben noch gespürte Müdigkeit ist schlagartig verschwunden als diese chemische Verbindung namens Adrenalin mir jede Synapse in HD funktionieren lässt.

Der erste Schock wird gerade im glücklicherweise noch erwischten Kehrwasser veratmet als der Blick schon auf den nächsten Abschnitt fällt. Wieso paddle ich noch mal?

So hangle ich mich weiter von Kehrwasser zu Kehrwasser als die von mir am meisten gefürchtete stelle  kommt: Der Dom (Tam tam Taaaaam)

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Claas steigt aus und filmt wie jeder Einzelne von uns mehr oder weniger elegant die Stufe hinunterholpert.

Zwar wird mir gut vorgefahren, doch am Treppenhaus ist endgültig sense! Spätestens im Baum hat die Adrenalinkonzentration einen Wert erreicht, der mich nicht mehr rational denken lässt. Und so durchschwimmen mein Paddel, mein Boot und auch ich die restlichen Stufen des Treppenhauses. Abkühlungen sind doch etwas Gutes!

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Als alles in einem Stück wieder aufgesammelt ist (ich auch) fahren wir noch das letzte Stück bis zum Ausstieg um wieder alles auf den Hänger zu laden und sich schließlich schnell umzuziehen.

Von der Rückfahrt zum Campingplatz bleibt mir nix mehr in Erinnerung. Ich wache erst wieder auf, als ich schier mit dem Kopf gegen die Decke des Vans stoße und Andreas über die üble Zufahrt zum Platz flucht. Hoffentlich regnet es heute Nacht nicht, sonst wachen wir morgen schwimmend in den Zelten auf…

Ich bin dafür, dass ab dem heutigen Tag immer ein paar Leute schon früher am Campingplatz abgeladen werden um Zelte und Pavillons aufzubauen. Denn ich muss nur aus dem roten Bus stolpern und liege schon halb im Zelt. Der Campingplatz ist, die Zufahrtswege  ausgenommen, eine Wohltat: Die Dusche sind die besten 5 Minuten des Abends (sorry Leute, da müsst ihr zurückstecken). Als ich wieder komme steht ein Käsespätzletopf neben dem Tisch von dem ich mindestens einen Monat leben könnte. Und dieser Luxus: nach dem Essen wird mein Geschirr sogar abgespült (okaaaay, am nächsten Morgen bin ich dran aber dafür hat sichs gelohnt). Und schon liege ich so früh in meinem Schlafsack wie schon seit langem nicht mehr.

 

Als erste im Zelt als letzte am Frühstückstisch – so lässt sich das Maximum an Schlaf rausholen. Auch an diesem Morgen wird in Rekordtempo gegessen und zusammengepackt (ich spüle). Und an diesem schönen Morgen ohne den kleinsten Tropfen Regen fahren wir alle zusammen an die Loisach. Um mein Verhältnis zu meinen Mitmenschen nicht zu sehr belasten suche ich mir an diesem vielversprechenden Morgen einen Vorfahrer, der meine erbärmlichen Fahrkünste noch nicht so gut kennt. Und so beginne ich meinen zweiten Versuch mit einer vorbildlichen Rolle, gefolgt von dem ultraschweren rückwärts die nächste Stufe hinunter fahren und schließlich wie eine Königin auf meinem besten Freunde – dem Stein – zu hängen.

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Endlich befreit und einige Kehrwasser später fällt mir erst die geradezu märchenhafte Umgebung auf. Ob es nun an dem niedrigen Wasserstand oder an der netten Landschaft liegt – auch an diesem Tag überfahre ich einige unhübsche Steine.

Als aber schließlich die Sonne herauskommt und auch dem Treppenhaus eine lange Nase gedreht ist, ist alles in Ordnung. Selbst mein Herz schlägt wieder in normaler Frequenz. Nur einer hat heute einen eher bescheidenen Tag: Wer hätte gedacht, dass ein Boot schon nach zwei Monaten an demselben Bach, wo es gekauft wurde, auch demoliert wird? Höchste Zeit für einen Schweißkurs im PFT!P1060218 (Large)

Und während sich ein Teil der Gruppe noch einmal auf den Weg zum Einstieg macht genießen zwei eine Riesenportion Reis mit Fertigsoße. Man soll eine Party verlassen wenns am schönsten ist!

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Aus Angst, das Deutschlandspiel zu verpassen, legt die Gruppe einen gerade zu beängstigenden Affenzahn hin! Unter einer Stunde die Loisach runter… was Fußball doch für Wunder bewirken kann!

 

Die Rückfahrt erweist sich als äußerst lehrreich: der Gesamte Bus wird mehr oder weniger freiwillig Zeuge einer privaten Unterrichtseinheit zum Thema DAN – Replikation. Kein wunder also, dass der Bus nach und nach in leisem Schnarchen versinkt.

Wieder wird in Bad Urach ein kurzer Stopp eingelegt (es regnet). Und schließlich kommen wir alle noch pünktlich zum Anpfiff zurück nach Tübingen.

Und da ich wie immer übel im Schluss finden bin, habe ich hier einmal in die Runde gefragt: Das Fazit dieses Wochenendes lautet:

LEBE WILD UND GEFÄHRLICH! (Aber bitte mit Helm und Schwimmweste)

Text Leoko, Bilder Hannah, Thommy und ChristianP1060234 (Large)

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